Bewältigung wirtschaftlicher Folgen der Covid-19-Pandemie durch Qualitätsinfrastruktur

Im Auftrag der deutschen Bundesregierung fördert die Physikalisch-Technische Bundesanstalt die Verbesserung der Rahmenbedingungen für wirtschaftliches, soziales und ökologisches Handeln und unterstützt daher die Entwicklung der Qualitätsinfrastruktur.

 

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Hintergrund

Die aktuelle Pandemie stellt eine erhebliche Zäsur für die globale Wirtschaft dar. Sie führt zu einer Rezession und zur Schwächung des internationalen Handels. Während die Industriestaaten mit beträchtlichen finanziellen Mitteln die wirtschaftlichen Schäden zu begrenzen versuchen, verfügen Länder des globalen Südens in weit geringerem Ausmaß über derartige Möglichkeiten. Für die Volkswirtschaften dieser Länder sind daher Überlegungen zu nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung umso wichtiger.

Neben finanzieller Unterstützung gibt es eine Vielzahl von technischen Möglichkeiten, die Wirtschaft in der aktuellen Krise nachhaltig zu unterstützen. Das schließt Maßnahmen im Bereich der Qualitätsinfrastruktur ein, die Unternehmen und anderen Akteur*innen des Wirtschaftslebens dabei helfen, die Qualität von Produkten und Prozessen zu sichern und wettbewerbsfähiger zu werden. In der aktuellen globalen Covid-19-Pandemie erfährt das Konzept Qualität eine inhaltliche Erweiterung mit stärkerem Fokus auf Gesundheit, Hygiene, Sicherheit, Resilienz und Nachhaltigkeit.

Die Qualitätsinfrastruktur ist zentral im Hinblick auf die Entwicklung einer Volkswirtschaft. Sie beschreibt das System öffentlicher und privater Institutionen sowie rechtlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen und Praktiken. Zusammengesetzt ist sie aus Normung, Konformitätsbewertung (Prüfung, Inspektion und Zertifizierung), Messwesen und Akkreditierung. Eine gut funktionierende und bedarfsorientierte Qualitätsinfrastruktur ist unabdingbar für grenzüberschreitenden Handel, ländliche Entwicklung, wirtschaftliche, ökologische und soziale Standards, Innovationstätigkeit sowie Nachhaltigkeit und Resilienz von Unternehmen und Wertschöpfungsketten. die Qualitätsinfrastruktur einzelner Länder und ihre internationalen Institutionen müssen schnell auf die Herausforderungen der Covid-19-Pandemie reagieren, sich anpassen und innovieren, um bestehende und neue Dienstleistungen mit zuverlässiger Qualität weiterhin anbieten zu können.

Ziel dieser Ideensammlung ist es, Anregungen und Empfehlungen zu geben, wie die Qualitätsinfrastruktur in Partnerländern auch in Zeiten einer Pandemie noch gezielter unterstützt werden kann, um innovative Dienstleistungen zu erbringen und zur Sicherung einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung beizutragen. Daher werden hier Handlungsfelder für die Qualitätsinfrastruktur diskutiert. In Annex I schlagen wir Maßnahmen vor, die das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dessen Durchführungsorganisationen wie die Physikalisch-Technische Bundesanstalt sowie Akteur*innen der Qualitätsinfrastruktur in Ländern des globalen Südens fördern und umsetzen könnten. Das Ziel ist, die Folgen der Krise abzumildern und die Wirtschaft in den Partnerländern nachhaltig zu stärken. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, die Maxime des Build Back Better mitzudenken, um aktuelle Schwachstellen des globalen Wirtschaftssystems nachhaltig positiv zu verändern.

Kapitel 1 zeigt die Optionen der Qualitätsinfrastruktur in globalen Lieferketten im Kontext der Covid-19-Pandemie auf. Aufgrund der zunehmenden Komplexität von Herstellungsprozessen sind Unternehmen stark von globalen Lieferketten abhäängig und von den durch die Pandemie verursachten Lieferengpässen direkt betroffen. Die Qualitätsinfrastruktur bietet Potentiale im Bereich Risikomanagement, die Antworten auf diese Herausforderungen liefern können.

Die Primärproduktion steht vor ähnlichen Herausforderungen, da kleinbäuerliche Strukturen in Ländern des globalen Südens für die Ernährungssicherheit des jeweiligen Partnerlandes systemrelevant sind. Aufgrund der Covid-19-Pandemie können benötigte Zulieferungen von Saatgut, Düngemitteln oder andere landwirtschaftliche Inputs aus dem Ausland nicht zuverlässig gewährleistet werden. Kapitel 2 beschäftigt sich mit Alternativen zur Abhängigkeit der Primärproduktion vom globalen Markt, welche durch Qualitätsinfrastruktur gefördert werden können.

Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben die Relevanz einer stärkeren Verankerung von Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards für eine Verbesserung der Situation von Beschäftigten und Umwelt deutlich gemacht. Aktuell sind Standards, die sich ausschließlich mit sozialen Aspekten und Kriterien zu nachhaltigem Wirtschaften beschäftigen, meist private Standards. Kapitel 3 hebt hervor, in welchem Zusammenhang eine stärkere Verankerung sozialer und nachhaltiger Standards im Umgang mit der Pandemie relevant ist.

Veränderte Bedingungen erzwingen Innovation in allen Bereichen. Im Kontext einer Krise vom Ausmaß der aktuellen Covid-19-Pandemie ist der Innovationsdruck besonders hoch und akut. Alternativen zu den gewohnten Prozessen, Produkten und Dienstleistungen müssen rasch gefunden werden, um arbeitsfähig zu bleiben und auf neuartige Bedarfe reagieren zu können. Insbesondere die Länder des globalen Südens benötigen gezielte Unterstützung im Bereich der inkrementellen und radikalen Innovation, wie Kapitel 4 aufzeigt.

Kapitel 5 geht auf das Handlungsfeld der Qualitätsinfrastruktur im Bereich Nachhaltigkeit und Resilienz ein. Hier gibt es Potentiale in den Bereichen Digitalisierung und Industrie 4.0, in der Minimierung von ökologischen Risiken sowie im Kontinuitätsmanagement.

Das Ideenpapier wurde von einem Team aus externen und internen Expert*innen1 der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt verfasst. Es ist innerhalb einer neu konstituierten Taskforce der Internationalen Zusammenarbeit, die sich mit den Herausforderungen der Covid-19-Pandemie auseinandersetzt, entstanden.


1 die Expert*innen sind Saida Bunk, Oliver Ditthardt, Josefine Greber, Hanspeter Ischi, Jutta Krawinkel, Jonathan Krull, Daniel Lambert, Iris Nadolny und Christian Schoen.

1. Risikomanagement in globalen Lieferketten

Die Covid-19-Pandemie hat weitgehende negative Auswirkungen auf die Produktionssicherheit von Unternehmen, insbesondere auf die jeweiligen Lieferketten. Das produzierende Gewerbe ist ein elementarer Bestandteil dieser Lieferketten und auch Unternehmen im Dienstleistungssektor, wie etwa der Tourismus, hängen von ihnen ab. die Qualitätsinfrastruktur kann hier unterstützend wirken und durch Implementierung von qualitätssichernden Prozessen und Dienstleistungen einen aktiven Beitrag leisten, damit Unternehmen auch in Situationen wie der aktuellen Pandemie im Wettbewerb bestehen können.

Pandemiebedingt sollten hierbei folgende Aspekte in den Fokus rücken:

  • a. Eine Analyse und Risikobewertung der Zuliefererkette und eine Priorisierung von Schlüssellieferant*innen, um Abhängigkeiten und pandemiebedingte Ausfälle zu kompensieren. Komponenten, die kritisch in der Beschaffung einzuordnen sind, können beispielsweise über ein effizientes Lagermanagement abgesichert werden.
  • b. Implementierung eines Hygienemanagements im Herstellungsprozess, welches die Kontaminierungsrisiken für Mitarbeiter*innen reduziert und die Handlungsfähigkeit des Unternehmens aufrechterhält.
  • c. Minimierung der Kontaminierung von Produkten und Sicherstellung des Verbraucherschutzes durch Umsetzung von Qualitätsstandards.

Bisher gibt es kaum Empfehlungen oder standardisierte Prozesse in der Umsetzung von pandemiebedingten Schutzmaßnahmen in den Lieferketten. Daher sind verbindliche Vorgaben für Akteur*innen im globalen Handel ein wichtiger Schritt zur Aufrechterhaltung der internationalen Lieferketten. Dies gilt sowohl für die internen Unternehmensprozesse als auch für die Produktsicherheit.

Die Umstellung von Arbeitsprozessen innerhalb von Unternehmen sollte ebenfalls zu einem Umdenken in der Produktion führen. Großzügigere Arbeitsplätze, bessere Belüftung und stärker regulierte Unterbringung von Wanderarbeiter*innen können einen positiven Effekt auf die Arbeitssicherheit und die sozialen Bedingungen haben. Die Dynamik der Situation macht Vorhersagen zu Trends und Entwicklungen schwierig. Es wäre vorteilhaft, genau diese Dynamik in Form einer digitalen Plattform einzufangen und globale Anforderungen und Veränderungen an Handel und Lieferanten zu kommunizieren. Dieses Werkzeug fehlt bisher und Maßnahmen erfolgen über Einzelinitiativen, die auf Freiwilligkeit basieren.

 

2. Implikationen für agrarische Wertschöpfungsketten

Die Covid-19-Pandemie kann als Chance für die kleineren Agrarstrukturen in den Ländern des globalen Südens verstanden werden. Durch die vielfältigen Veränderungen, die sich aufgrund der Pandemie ergeben, können Abhängigkeiten von Importen durchbrochen werden. Importe von Billigwaren könnten durch nationale und regionale Produkte substituiert werden. Dies setzt eine stärkere regionale Vernetzung insgesamt, eine Diversifikation von Produkten sowie eine stärkere Verknüpfung von regionalen Wertschöpfungsketten voraus. Dieser Wandel stellt die Akteur*innen nicht nur vor strukturelle und logistische Herausforderungen, sondern verdeutlicht auch die Notwendigkeit einer Verbesserung der Produktqualität. Um diese zu erreichen, ist ein verstärkter Einsatz von Qualitätsinfrastruktur und deren Dienstleistern erforderlich. Letztendlich führt dies zu erhöhtem Verbraucherschutz.

Zusätzlich müssen neue Normen und Standards auf nationaler und ggf. regionaler Ebene formuliert und implementiert werden. Diese müssen nicht nur direkt auf Ebene der Agrarproduzent*innen ansetzen, sondern auch die umfassende nationale Zuliefererkette berücksichtigen. Dies bezieht sich v.a. auf Agrochemiehersteller*innen, aber auch auf Produzent*innen von Agrarmaschinen. Wesentliche Regulierungen müssen eine institutionalisierte Verankerung erfahren und vom Gesetzgeber erfasst werden. Die Maßnahmen können bei einer ganzheitlichen Vorgehensweise sehr umfangreich werden und sollten daher in Pilotsektoren und mit dem größtmöglichen Kosten-Nutzen-Verhältnis geplant werden.

Das Ziel ist eine größere Unabhängigkeit von Importen sowie eine Steigerung der nationalen Produktion, welche die Ernährungssicherheit unterstützt. Hierbei ist die Einhaltung von definierten Qualitätsstandards zu berücksichtigen, die einen größtmöglichen nationalen Verbraucherschutz auf Produktebene garantieren sowie das Infektionsrisiko in der Produktion minimieren.

 

3. Stärkere Verankerung von Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards

Derzeit gibt es in der Europäischen Union keine einheitlich gesetzlich verpflichtenden Vorgaben für eine soziale und nachhaltige Produktion, beispielsweise analog zur EU-Verordnung für Produkte aus ökologischer Landwirtschaft. Diese Verordnung definiert auf jeder Stufe der Herstellung und Verarbeitung Kriterien, um die Integrität der Produkte aus ökologischer Landwirtschaft für die Verbraucher*innen zu gewährleisten. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung engagiert sich aktuell für ein Lieferkettengesetz, um Schäden an Mensch und Umwelt zu vermeiden. Darüber hinaus gibt es systemimmanente Herausforderungen für die Implementierung von vorhandenen Sozialstandards. Ein Beispiel hierfür sind strukturelle Probleme im Rahmen des Audit- und Zertifizierungsprozesses im Textilsektor.

Institutionen der Qualitätsinfrastruktur können beim Aufbau und bei der Umsetzung von Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards entlang der gesamten Wertschöpfungskette unterstützen. Die Covid-19-Pandemie zeigt sehr deutlich, welche sozialen und menschenrechtlichen Risiken globale Lieferketten bergen. Es ist derzeit nicht bekannt, wie wirksam private Sozialstandards während der Pandemie sind. Sind Arbeiter*innen gesundheitlich, arbeitsrechtlich und finanziell besser geschützt als Arbeiter*innen in Unternehmen ohne eine Zertifizierung nach einem privaten Sozialstandard? Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie verschiedene Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen verbessert werden können, um eine effektive Implementierung von sozialen und nachhaltigen Standards zu garantieren.

Von der Pandemie sind viele Bereiche betroffen, z. B. die Landwirtschaft, der Textilsektor, der Bergbau sowie der Automobil- und Technologiesektor. Es kristallisieren sich aus Sicht der Beschäftigten verschiedene Probleme heraus:

  • a. Arbeiter*innen verlieren auf Grund von Fabrikschließungen (z. B. im Textilsektor) ihre Arbeit und Saisonarbeiter*innen finden keine Arbeit (z.B. Ausgangssperre in Indien zur Teeernte). Soziale Sicherungssysteme sind oft nicht ausreichend oder gar nicht vorhanden.
  • b. Audits zur Einhaltung von Sozialstandards können nicht überall und nicht in der benötigten Intensität vor Ort durchgeführt werden. Es besteht ein Risiko, dass Verstöße gegen vereinbarte Standards nicht aufgedeckt werden.
  • c. Berichte zeigen, dass bei der Wiedereröffnung von Fabriken, z.B. im Textilsektor, oder während der Ernte in landwirtschaftlichen Betrieben die Hygienemaßnahmen nicht ausreichend sind und Arbeiter*innen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt werden.

Soweit bekannt, führen nur wenige Standardgeber im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie neue Adhoc-Regeln ein, da die Bestimmungen zur Änderung von Standards sehr aufwändig sind. Positiv zu erwähnen ist, dass Fairtrade International als Standardgeber schnell reagiert. Wenn in Ausnahmefällen die Notwendigkeit besteht, wird Organisationen mit lohnabhängigen Beschäftigten ermöglicht, die Fairtrade-Prämie bis Ende September 2020 bis zu 100 Prozent als Direktzahlungen an die Produzent*innen weiterzugeben. Üblicherweise liegt dieser Wert zwischen 20 und 50 Prozent. Sachleistungen für Verbrauchsgüter sind zurzeit ebenfalls zulässig.

Audittechniken werden teilweise geändert, so dass ein Teil der Audits als Remote-Dokumentenprüfung stattfindet. Dies ist insbesondere für die Prüfung von Sozialstandards unzureichend. Hier besteht ein hohes Risiko, dass die Dokumente vom Management den gesetzlichen Vorgaben angepasst werden, aber nicht die Realität widerspiegeln, wie zum Beispiel bei der Dokumentation der Höchstarbeitszeit. Die Verifizierung dieser Dokumentationen durch Interviews mit den Arbeiter*innen vor Ort sollte ein wesentlicher und nicht zu ersetzender Bestandteil dieser Audits sein. Dies ist wäährend der Covid19-Pandemie nicht immer gewährleistet. Sozialstandards bieten in der Regel eine soziale Absicherung (z. B. Kündigungsfristen), die sich, sofern vorhanden, an der Gesetzgebung des jeweiligen Landes oder an den Normen der internationalen Arbeitsorganisation orientieren. Durch die Covid-19-Pandemie haben Hygienemaßnahmen an Relevanz gewonnen. Diese sind momentan allerdings in den Sozialstandards nur als generelle Regeln unter dem Thema Gesundheit und Sicherheit beachtet, was nicht ausreicht.

Zusätzliche Standards und Anforderungen bieten nicht automatisch mehr Schutz. Es muss sichergestellt werden, dass diese Standards effektiv umgesetzt werden, etwa durch die Überwachung der Implementierung durch die zuständigen Stellen. Hierbei ist es wichtig, die lokalen, für die Umsetzung von Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards verantwortlichen Akteur*innen einzubinden.

 

4. Chancen von Innovation

Wie die gesamte Wirtschaft unterliegt auch die Qualitätsinfrastruktur in der Covid-19-Pandemie einem enormen Innovationsdruck. Das betrifft nicht nur die lokalen Institutionen der Qualitätsinfrastruktur, sondern auch international agierende Organisationen wie die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, die durch ihre Aktivitäten die Qualitätsinfrastruktur in Ländern des globalen Südens stärken. Innovation ist ein Querschnittsthema, das veränderte Dienstleistungsbedarfe und -angebote der Qualitätsinfrastruktur für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung ebenso einschließt wie das Gesundheitswesen, die digitale Infrastruktur oder digitale Formen des Lernens.

Besonders in Krisenzeiten setzen verschiedene Akteur*innen eines Innovationssystems Neuerungen um, sowohl selbständig als auch in gegenseitiger Interaktion. Im Hinblick auf die Qualitätsinfrastruktur setzt sich das Innovationssystem in erster Linie aus Institutionen der Qualitätsinfrastruktur, Unternehmen sowie regulierenden Institutionen, die Rahmenbedingungen setzen, zusammen:

  • a. Institutionen der Qualitätsinfrastruktur innovieren hinsichtlich der Art der angebotenen Dienstleistungen, der Durchführung der Dienstleistungen und der Art des Kundenkontaktes.
  • b. Unternehmen, das heißt Kund*innen von Institutionen der Qualitätsinfrastruktur, innovieren durch eigene Produkt- und Prozessveränderungen, z. B. Reorganisation eigener Lieferketten, aber auch durch neuartige Inanspruchnahme bestehender Dienstleistungen der Qualitätsinfrastruktur und durch die Nutzung neu entwickelter Qualitätsinfrastruktur-Dienstleistungen. Dazu könnten mittelfristig auch die Neuzertifizierungen in Managementsystemen wie ISO 22301 Betriebliches Kontinuitätsmanagement zählen (vgl. hier Kapitel 5) sowie die Anwendung der internationalen Norm für Innovationsmanagement in Organisationen gemäß der ISO 56000 Serie.
  • c. Von regulierenden Behörden wird erwartet, dass sie innovieren, indem komplizierte Verfahren zunächst kurzfristig und bei Erfolg auch langfristig sowie technische Verordnungen mittelfristig angepasst werden. Auch wenn sich die Innovationsprozesse von Behörden oft schwerfällig gestalten, zeigt die Covid-19-Pandemie, dass diese zum Teil auch kurzfristig stattfinden können.

In der aktuellen Covid-19-Pandemie lassen sich die innovativen Reaktionen von Institutionen der Qualitätsinfrastruktur, die weltweit zu beobachten sind, in verschiedene Handlungsfelder einteilen. Oft beschleunigt der aktuelle Innovationsdruck Trends, die bereits in der Entwicklung waren, z. B. die Digitalisierung der Qualitätsinfrastruktur, Ferndienstleistungen und die Einführung neuer Dienstleistungen.

Die nationalen und internationalen Innovationssysteme der Qualitätsinfrastruktur bilden die Netzwerke und Allianzen, die den Wissensaustausch als Basis für Innovation ermöglichen. Innovationssysteme der Qualitätsinfrastruktur sind Netzwerke von Akteur*innen der Qualitätsinfrastruktur (z.B. Institutionen, Unternehmen), die regelmäßig interagieren und für deren Innovationstätigkeit diese Interaktion von wesentlicher Bedeutung ist. Um Innovation in Zeiten der Covid-19-Pandemie zu fördern, muss der gezielte Austausch in bestehenden Netzwerken intensiviert und neue Netzwerke der Kooperation und des Wissensaustausches müssen geknüpft werden.

Tempo und Ausmaß der Innovationstätigkeit von Institutionen der Qualitätsinfrastruktur variieren angesichts der Covid-19-Pandemie stark. Internationale Entwicklungsorganisationen können innovatives Verhalten jedoch gezielt fördern. Das Sammeln, Teilen und Einspeisen von Beispielen der Innovationstätigkeit aus verschiedenen Partnerländern in nationale Netzwerke ist ein erster Schritt. Dieser kann durch technische Beratung bei Gestaltung und Umsetzung von Innovationen, Prozessen und Dienstleistungen, Institutionen der Qualitätsinfrastruktur sowie durch die Kofinanzierung von technischen Anschaffungen unterstützt werden.

In ähnlicher Weise können öffentliche Einrichtungen und Institutionen der Qualitätsinfrastruktur Innovationen zur Qualitätssicherung in Unternehmen fördern. Auch hier sind das Sammeln und Teilen von Beispielen von innovativen Unternehmen aus dem eigenen Land oder aus Nachbarländern ein guter Ansatz. Die Verbreitung dieser Fallstudien kann durch E-Seminare oder andere OnlineVeranstaltungen erfolgen.

Digitale Kommunikation ist die Schlüsseltechnologie für Innovation in der Qualitätsinfrastruktur angesichts der Covid-19-Pandemie. Die Stärkung von technischen Kapazitäten und Ausstattung zur Nutzung digitaler Technologie innerhalb der Netzwerke und Innovationssysteme der Qualitätsinfrastruktur ist daher vorrangig.

 

5. Nachhaltigkeit und Resilienz

Durch die Covid-19-Pandemie sehen sich Unternehmen im globalen Süden vor schwierige Herausforderungen gestellt. Maßnahmen zur Unterstützung der Nachhaltigkeit und zum Aufbau von Resilienz für Unternehmen sind daher von großer Relevanz und können im Rahmen der technischen Zusammenarbeit unterstützt werden. Zudem können Innovation, moderne Technologien und Digitalisierung Unternehmen helfen, die Balance zwischen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Aspekten zu wahren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

Im Zuge der Digitalisierung bieten etwa Techniken aus dem Bereich der Industrie 4.0 Unternehmen die Möglichkeit, die Durchlaufzeit der Produktion massiv zu senken und die vernetzte automatisierte Produktion verstärkt auf individuelle Kundenbedürfnisse auszurichten. Obwohl dies in vielen Ländern des globalen Südens noch nicht relevant ist, bietet die Einführung derartiger Maßnahmen große Potentiale für Unternehmen in einigen Pilotsektoren, um konkurrenzfähig zu bleiben. Eine systematische strategische Planung und innovatives Denken in allen Bereichen eines Unternehmens sind die Voraussetzung dafür. Zudem kann eine Unternehmensstrategie, welche vom gesamten Unternehmen getragen wird, stabilisierend wirken. Die Qualitätsinfrastruktur unterstützt in diesem Bereich durch normative grundlagen im Bereich der Informationssicherheit und des Managements. Diese können von lokalen Zertifizierungsstellen geschult werden. Auch der Aufbau von Prüf- und Kalibrierkapazitäten im Elektronik- und Elektrotechnikbereich kann diese Vorgänge unterstützen.

Um für größere Nachhaltigkeit und Resilienz zu sorgen, müssen zudem Maßnahmen zur Reduktion der Belastung auf die Umwelt umgesetzt werden, welche auf allen Ebenen der Lieferkette greifen. Da ökologische Risiken zum Abriss von Lieferketten führen können, ist eine entsprechende Risikominimierung nicht nur von ökologischer Bedeutung. Besonders relevante Normen in diesem Themenbereich sind die ISO 14000 Umweltmanagement und die ISO 28000 Supply Chain Management.

Auch das Kontinuitätsmanagement bietet im Zusammenhang von Nachhaltigkeit und Resilienz Chancen. Das Kontinuitätsmanagement soll sicherstellen, dass Unternehmen sich bereits im Vorfeld über mögliche Vorfälle wie eine Pandemie Gedanken machen und Handlungsoptionen entwickeln, um die Auswirkungen dieser Vorfälle zu minimieren. Durch die Umsetzung der Norm ISO 22301 Betriebliches Kontinuitätsmanagement wird sichergestellt, dass sich Unternehmen besser an veränderte Umfeldbedingungen anpassen und externen Schocks standhalten können. Teil des Kontinuitätsmanagements ist das Risikomanagement gemäß der Norm ISO 31000, welches auf strategischer wie operativer Ebene ansetzt und sich auf die gesamte Lieferkette erstreckt. Ziel des Risikomanagements ist die Erstellung von Notfallplänen, um die Unternehmenstätigkeit auch während und nach einer Störung, wie sie etwa durch die Covid-19-Pandemie auftreten kann, aufrechterhalten zu können. Beide Normen sollten deshalb in den Ländern des globalen Südens zur Verfügung stehen und Zertifizierungsstellen sollten entsprechend etabliert und geschult werden.

 

6. Fazit

Durch eine gezielte Unterstützung der Qualitätsinfrastruktur in den Ländern des globalen Südens kann die Bewältigung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie oder anderer Krisen gefördert werden. Zudem bieten sich Chancen, Prozesse so zu verändern, dass die Nachhaltigkeit und die Resilienz in den Ländern gestärkt werden.

Insbesondere sind hier das Risikomanagement in globalen Lieferketten, eine stärkere Regionalisierung von agrarischen Wertschöpfungsketten, die verstärkte Einführung sozialer Standards sowie die Bedeutung von Innovation zu nennen. Konkrete Maßnahmen, die in diesen Themenfeldern ansetzen, finden sich in Annex I.

 

Annex I – Vorschläge für mögliche Maßnahmen

Grau hinterlegte Maßnahmen sind bereits in der Umsetzung.

Beschreibung

Mögliche Partner­ institutionen

Beispiel

Relevant für ...

Digitalisierung der Qualitätsinfrastruktur

Onlinedienst für die staatliche Lizenzierung in der Lebensmittelindustrie

Zuständige Ministerien in Partnerländern

Nepal

Kapitel 4

Neues Annahmeverfahren von Messinstrumenten mit minimalem Kundenkontakt (One Stop desk, teilweise digital)

Prüf- und Messwesen

Myanmar

Kapitel 4

Kapazitätsaufbau von Ferndienstleistungen im Bereich Zertifizierung und Akkreditierung (Remote Audit bzw. Remote-Begutachtungen); Flexibilität bei Fälligkeitsterminen oder gültigkeitszeiträumen

Zertifizierungsstellen, Standardgeber und Akkreditierungsstellen

Südafrika, Nepal

Kapitel 4

Digitalisierung des Akkreditierungsprozesses

Akkreditierungsstellen

Tunesien

Kapitel 4

Unterstützung mit Hardware und Software für die virtuelle Durchführung der Harmonisierung von Normen (Treffen der technischen Ausschüsse)

Normungsinstitute

Panafrika

 

(Online-)Beratungen und Schulungen für Unternehmen zu qualitätsrelevanten Anforderungen,
die in Normen und/oder technischen Vorschriften definiert werden, wenn möglich unter Einbeziehung von QI-Partnern

Kleine und mittlere Unternehmen

Kirgisistan

 

Entwicklung eines Online-Trainings zur ISO 22301 Business Continuity und zur ISO 28000 Spezifikation für Sicherheitsmanagementsysteme für die Lieferkette

Kleine und mittlere Unternehmen, Institutionen der Qualitätsinfrastruktur

 

Kapitel 4, Kapitel 5

Erfassen der aktuellen Trends und Entwicklungen zur Covid-19-Pandemie mit Fokus auf Produktsicherheit und Verbraucherschutz für Handel und Wirtschaft in einer digitalen Plattform

Internationale Organisationen

International Trade Center

Kapitel 1

Unterstützung der Einführung von digitalen Kalibrierzertifikaten

Institutionen des Prüf- und Messwesens

 

Kapitel 4

Durchführung von Online-Trainings zur Eigenkalibrierung

Institutionen des Prüf- und Messwesens

 

Kapitel 4

Risikobewertung und ­minderung

Schulungen zum Thema Risiko- und Resilienzmanagement für Unternehmen und Unternehmensverbände

Normungsinstitute

 

Kapitel 5

Einführung eines risikobasierten Covid-19-Ansatzes für Marktüberwachungsbehörden

Marktüberwachungsbehörden

 

Kapitel 4

Datenerhebung für Situationsbericht zur Lage von Kleinen und Mittleren Unternehmen, um Handlungsempfehlungen zur Unterstützung dieser an lokale Behörden zu formulieren

Gesundheitsbehörden, Kammern

Sri Lanka, Tunesien

 

Erstellung eines Katalogs von Vorsichtsmaßnahmen gemäß der Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation für Lebensmittelunternehmer*innen während der Covid-19-Pandemie und Verteilung an die Lebensmittelindustrie

Zuständige Ministerien in Partnerländern

Nepal

 

Unterstützung von Kampagnen oder Schulungen, die sich an Unternehmen richten und die Einhaltung von Hygieneregeln in Verbindung mit generellen QM-Grundsätzen bringen

Kammern, Normungsinstitute, Ministerien, Gesundheitsbehörden

Sri Lanka

 

Entwicklung eines Hygienemanagements im Herstellungsprozess, welches die Kontaminierungsrisiken für Mitarbeiter*innen reduziert und die Handlungsfähigkeit des Betriebes aufrechterhält

Verbände, Kammern, Ministerien (Gesundheit, Wirtschaft)

 

Kapitel 1

Entwicklung von Hygiene-Standards für Non-Food-Sektoren

Normungsinstitute

 

 

Innovation

Unterstützung zur freien Zurverfügungstellung von Standards und Normen

Normung und Standardisierung

 

Kapitel 4

Auslobung von Innovationspreisen in der Qualitätsinfrastruktur, um Innovation zu fördern

Zuständige Behörden

 

Kapitel 4

Schulung der Normen der Serie ISO 56000

Innovationsmanagement

Zertifizierungsstellen, Laboratorien, andere Institutionen der Qualitätsinfrastruktur

 

Kapitel 4, Kapitel 5

Nachhaltige Lieferketten

Erstellung einer Studie zur aktuellen Situation über die Wirksamkeit von Sozialstandards während der Covid-19-Pandemie, um neue, überprüfbare Kriterien (z. B. Absicherungssysteme bei Arbeitsplatzverlust, Einrichtung von Sozialfonds, Hygienemaßnahmen) und neue Auditmethoden abzuleiten, die in Krisen eingesetzt werden können.

Standardgeber, Kontrollstellen, Gewerkschaften, Unternehmen

 

Kapitel 3

Erstellung einer Studie über die verschiedenen Sicherungs- und Überwachungsmechanismen von relevanten sozialen Standards und ggf. auch weiteren Nachhaltigkeitsstandards mit Handlungsempfehlungen zur Verbesserung dieser Mechanismen

Standardgeber, Akkreditierungsstellen

 

Kapitel 3

Schulung und Begleitung von Wertschöpfungsketten-Entwickler*innen zur Förderung von regionalen Produkten

Stakeholder einer Wert- schöpfungskette

 

Kapitel 2

Annex II – Glossar

Industrie 4.0

Der Begriff Industrie 4.0 umfasst nicht nur den Einsatz moderner, hauptsächlich IT basierter Systeme. Es geht viel mehr darum, diese Systeme, die sich in ihrer Funktionalität individuell entwickeln, zu einer einheitlichen gemeinsamen Lösung zusammenzuführen. Zusammengefasst wird darunter die Einbindung von System, von Kunden, Lieferanten (Lieferkette/Supply Chain) und eventuell deren unterschiedliche Standorte in eine einheitliche Systemlandschaft verstanden. Dabei werden die einzelnen Komponenten in der Herstellkette individuell gesteuert und die Produkte und Dienstleistungen automatisch abgerufen, produziert bzw. verarbeitet.

Es braucht dazu adäquate Architekturmodelle, um die notwendige Kommunikation und Datendurchlässigkeit zu gewährleisten. Auch geeignete Datenschnittstellen und die Steuerungssysteme müssen sicher sein. Die zertifizierbare Norm ISO 27001 garantiert die Sicherheit der Informationsmanagementsysteme. Kompetente Prüfungen und Kalibrierungen elektronischer Systeme sind ebenso eine wichtige Voraussetzung.


Innovation

Innovation bedeutet, einen neuen Weg zu finden, Dinge zu tun. Im Sinne einer „Rekombination existierender Ressourcen“ von Josef Schumpeter wird durch das Zusammenführen bestehender Elemente etwas Neues geschaffen.

Innovation kann bedeuten, effizientere Arbeitsabläufe einzuführen (organisatorische Innovation), bessere Maschinen oder Instrumente zu verwenden (technische Innovation), neue Produkte oder Dienstleistungen anzubieten (Produktinnovation) oder auch die betriebswirtschaftliche Seite der Organisation neu aufzustellen (Innovation des Geschäftsmodells). Innovation basiert auf Wissen, das auf zwei verschiedene Weisen erworben werden kann: Durch Selbststudium und Forschung oder durch die Interaktion mit anderen, externen Akteur*innen. Ein Innovationssystem ist ein Netzwerk verschiedener Akteur*innen, die regelmäßig interagieren und für deren Innovationstätigkeit diese Interaktion von wesentlicher Bedeutung ist. Gemäß des 4-Säulen-Modells2 setzt sich ein Innovationssystem aus vier Gruppen von Akteur*innen zusammen: Unternehmen, Technologieinstitutionen (inklusive Institutionen der Qualitätsinfrastruktur), Bildungsinstitutionen sowie den Rahmenbedingungen inklusive der Akteur*innen, die diese Formen. Innovation sollte nicht mit Erfindung (Invention) verwechselt werden. Erfindung bedeutet, zum ersten Mal eine neue Herangehensweise zu identifizieren oder ein neues Artefakt zu entwickeln. Eine Erfindung ist ein einmaliges Ereignis, während eine bestimmte Innovation in verschiedenen Organisationen und an verschiedenen Orten wiederholt auftreten kann.


Inkrementelle und radikale Innovation

Man unterscheidet zwischen inkrementeller Innovation (fortlaufende Verbesserungen) und radikaler Innovation (abrupte Einführung neuer Produkte oder Prozesse). Radikale Innovationen finden oft bei großem Handlungsdruck statt, beispielsweise ausgelöst durch eine schwere Krise.
 

Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung

Der heute geläufige Begriff sustainable development (später als Nachhaltige Entwicklung übersetzt) wird wie folgt definiert: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“


Metrologie 4.0

Das Konzept Metrologie 4.0 definiert neue Trends der Metrologie in Bezug auf die Erfüllung neuartiger Produktionsanforderungen, die aus dem industriellen Wandel im Rahmen von Industrie 4.0 resultieren. Ziel des Konzeptes ist die Steigerung der Effizienz durch den Einsatz fortschrittlicher und intelligenter Fertigungs- und Messverfahren. Dabei ist der Einsatz intelligenter Sensoren zentral, die Produktionseinheiten überwachen, Herstellungsprozesse optimieren, Produktionszyklen verkürzen, Kosten senken und die Produktqualität sicherstellen.


Resilienz und Nachhaltigkeit

Für resiliente Wirtschaftsunternehmen, die Maßnahmen zur Werterhaltung und Nachhaltigkeit umsetzen, ist das Balancieren von wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten ein wichtiges Thema.

Nachhaltigkeit und Resilienz sind, wie bereits erwähnt, Begriffe, die im Zusammenhang mit der aktuellen Pandemie öfter gebraucht werden. Gemäß dem Kapitalstockmodell der Weltbank von 1994, definiert sich Nachhaltigkeit durch die drei Kapitalstöcke: Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Das Nachhaltigkeitskapital bildet sich aus der Summe der drei Kapitalstöcke und soll auf der Erde nicht verändert werden. Starke Nachhaltigkeit verlangt, dass keiner der drei Kapitalstöcke über längere Zeit abnehmen darf, während schwache Nachhaltigkeit diese Bedingung nur für das gesamte Nachhaltigkeitskapital stellt. Nachhaltigkeit beinhaltet damit immer auch eine Zeitkomponente.

Ein resilientes Unternehmen hat die Fähigkeit, geplante Maßnahmen erfolgreich umzusetzen, um unmittelbare Krisen zu bewältigen. Man könnte somit festhalten, dass die Resilienz eine der Voraussetzungen für Nachhaltigkeit ist.


Sozialstandards

Nach einer Definition der Enquête-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft des deutschen Bundestages sind Sozialstandards ein „umfassender und allgemeiner Begriff für Standards bei der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen (Arbeitszeit, Lohn, Sozialversicherung etc.) und für Arbeitnehmerrechte“. Soziale Standards, z.B. GRASP oder Sozialrichtlinien Naturland, können einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bis 2030 leisten.

Im Bereich der Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards (z. B. UTZ, Rainforest Alliance) gibt es im Bereich der Third-Party-Audits zwei unterschiedliche Prüf- und Überwachungskonzepte, die die Erstellung, Umsetzung und Prüfung eines Standards sicherstellen sollen. Das sind die klassische ISO-Struktur sowie die ISEAL Alliance. ISO-Standards werden in verschiedenen Branchen verwendet, während ISEAL Alliance ausschließlich im Bereich der Nachhaltigkeitsstandards zu finden ist. Zertifizierungsprogramme wie Fair Trade, MSC, SA 8000 nutzen sowohl ISO als auch ISEALStrukturen.

Das International Trade Center hat auf der Homepage www.standardsmap.org 77 Standards gelistet. Themen wie Gesundheit und Sicherheit sind nicht in allen Standards inkludiert.

 


2Vgl.: Mesopartner Working Paper No. 02: Rapid Appraisal of Local Innovation Systems (RALIS): Assessing and Enhancing Innovation Networks. https://www.mesopartner.com/fileadmin/media_center/Working_papers/mp-wp02_01.pdf (zuletzt eingesehen am 01.10.2020).

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